Montag, 9. März 2015

Homeschooling - Wege in Deutschland - The Good, the bad and the ugly

Im Großen sehe ich folgende Wege in Deutschland schulfreies Leben zu realisieren:

I.) The Bad
Der schlechteste Weg vorweg. Hier ist die Idee dem Schulamt und Jugendamt zu erklären, dass das eigene Kind so instabil und dysfunktional ist, dass keine einzige Schule in Deutschland seinen Besonderheiten gerecht werden kann:
Keine Hauptschule, keine Gesamtschule, kein Gymnasium, keine Realschule, keine Werkrealschule, keine Förderschule, keine freie aktive Schule, keine Waldorfschule, keine Privatschule, keine Montessori-Schule.

Dieser Ansatz entspricht dem familiären Offenbarungseid. Von jedem Pädagogen wird das nämlich so interpretiert, dass die ganze Dysfunktionalität, die ganze Schulangst in der Familie erzeugt wurde.

Man kann hier oftmals eine temporäre Lösung erreichen, aber es ist ein Boomerang, der sobald er die Richtung wechselt an Geschwindigkeit zulegt. Und wenn man dann irgendwann ein komplett schulfreies Leben will, dann existieren schon zig Gutachten - die man alle selbst erstellen hat lassen - die beweisen, wie schlimm es diesem Kind eigentlich geht und dass es unbedingt, unbedingt professionelle, kontinuierliche Hilfe braucht.

Man rückt sich in diesem Ansatz von Anfang an in die Opferrolle. Man verlässt die des freien, europäischen Weltbürgers, der seine Rechte kennt und auf diese besteht und begibt sich sofort in die des kleinen unmündigen Bürgers, der es nicht mal schafft seinem Kind die Schule erträglich zu machen.

Es muss hier auch noch mal kurz die Motivation der Schule erläutert werden:
1.) Qualifikation - in einem industriellen Staat soll auf das Funktionieren innerhalb ebendieser Institutionen geübt werden. Man wird zu einem guten 8-Stunden-Büroarbeiter trainiert.
2.) Sozialisation - die Gesellschaft will dass wir uns in einer bestimmten Weise verhalten. Wir sollen arbeiten, keinen Dissens erzeugen, mitmachen bei kulturellen Ritualen (inkl. Wahlen), unserem Chef das Leben nicht schwer machen und mit unseren Kollegen um die Plätze etwas weiter höher in der Pyramide konkurrieren. Wir sollen uns durch billige Belohnungen maximal motivieren lassen und durch geringe Bestrafungen massiv bedroht fühlen. Etc.
3.) Selektion - wir bekommen unseren Startplatz in der Pyramide zugewiesen
4.) Legitimation - wir sollen an den Staat glauben, dass unserer der Beste ist, dass es uns woanders schlechter geht und die Gesetze gerecht und zu unserem Besten sind. Loyalität gegenüber dem Herren

Der Staat, die Gemeinschaft hat keinerlei Interesse daran sich selbst zu schaden und einen unmündigen Bürger auch noch seine Kinder verstümmeln zu lassen. Es liegt nach dem Offenbarungseid maximales Interesse zu reintegrieren. Das erklärt "kranke" Kind muss unbedingt geheilt werden - koste es was es wolle. Das kann bis zur Klinikschule in der geschlossenen Jugendpsychatrie gehen. Diese "Lösung" ist wie Salzwasser trinken um den Durst zu stillen.

Niemand der eine Ausnahmegenehmigung erreichen will sollte dies also als einen einfachen Ausweg aus der Schule sehen. Es ist eher das Ticket in eine umfassendere Beschulung und Beobachtung.

II.) The Ugly
Konfrontation! Hier ist als leuchtendes Beispiel Claudia Brunner zu sehen. Aber wenige Menschen sind bereit und fähig, so wie Gandhi sich gewaltfrei gegen ein Gewaltmonopol zu stellen und dabei nicht zu zerbrechen. Sie nimmt Strafen auf sich, einen Anwalt und ist sogar schon mal ins Gefängnis für die Freiheit ihres Sohnes gegangen. Hätten wir alle - oder auch nur 10 Menschen diese Überzeugung und Tatkraft wäre die vermeintliche Schulpflicht schon längst vom Tisch. Kein Staat kann sich auf Dauer einen massiven Dissens leisten, bei dem er auch noch als unschuldig wahrgenommene Menschen ins Gefängnis stecken muss. Noch dazu Eltern, denen das Jugendamt vollste Kompetenz bescheinigt. Der Staat ist hier auch permanent gezwungen die Schule durch ihre echten Zwecke zu verteidigen, die sonst eher nur in soziologischen Untersuchungen erscheinen und dem Normalbürger verborgen sind - und keiner will der Schule in ihr wahres Gesicht schauen. Das Bildnis von Dorian Gray nach 250 Jahren weltweiten Wütens ist einfach zu hässlich und widerwärtig.

III.) The Good
Wer kennt ihn nicht: Den Euro. Er bedeutet, dass wir Menschen nicht mehr an ein Land gebunden sind. Dass die Grenzen innerhalb Europas offen sind und zwar so offen, dass wir europäische Bürger mit europäischen Rechten sind. Und dass kein Staat nun eigentlich wissen kann, wo wir wohnen. Und auch kein Recht hat es zu wissen. Es gibt in Deutschland zwar eine Meldepflicht, aber in anderen Ländern nicht.
Zusätzlich kann man bei einer Abmeldung diese grundlos machen - man ist ein freier Mensch. Und auf das Verlangen der Behörde nach der Angabe eines neuen Wohnsitzes kann man dies verweigern - es geht die Behörde nichts an. Man kann aber auch der Einfachheit halber "Reisen" als Zweck angeben - dann spart man sich auch eine Menge Heckmeck mit dem Kindergeld.
Wenn man nicht lügen will kann man das ja an seinem Urlaub machen und dann wirklich 2 Wochen Couchsurfing machen.
Wie auch immer, wir sind freie Menschen. Die sich anmelden und abmelden dürfen, wie und wo und wie oft sie wollen. Der Rest hat sich damit erledigt.

Man sollte sich ansonsten so normal verhalten wie möglich und nicht Krieg mit den Nachbarn anfangen. Die Meldebehörde macht auch kein Rundschreiben an die Nachbarn, dass man nun abgemeldet ist und nicht mehr da sein darf. Wir haben keine Stasi hier. Es gibt auch keinen Polizisten, der ein halbes Jahr jeden Tag vorbeikommt und überprüft, ob man auch wirklich ausgezogen und weg ist. Oder klingelt, ob man Urlaub macht. Oder bei den Nachbarn fragt. Weder Hermes, noch DPD, noch die Post sprechen mit dem Einwohnermeldeamt, bevor sie Briefe ausliefern. Diese Angst vor "erwischt werden" ist uns jahrelang antrainiert worden - sie entspricht aber nicht der Realität. Es gibt Rechte und Privatsphäre - diese muss der Staat - jeder Staat akzeptieren. Und seit dem Schengen abkommen dürfen wir uns frei in der EU bewegen. Das darf man nie vergessen!

Was sage ich am Ende noch den Nachbarn - ohne zu lügen?

Geht ihr Kind schon in die Schule? Warum nicht? - Wir machen Homeschooling. (Definitiv!)
Geht das denn??? - Ja natürlich. (es geht ja offensichtlich und geschätzte 500 - 1000 Familien machen es schon)
Ich dachte es herrscht Schulpflicht???? - Die kann man auf verschiedene Weise erfüllen (schon mal was von Internet und Fernschule gehört Du ungebildeter Hampel).
Ich dachte es wäre in Deutschland verboten???? - Wieso das denn? (bist Du noch gebacken???)

Man sollte sich aber nicht abmelden wenn man ohnehin schon ein gesuchter Verbrecher ist - also:
Man regelmäßig zu schnell fährt und Tickets bekommt.
Man dauernd von allen verklagt wird.
Man seinem Vermieter viel Geld schuldet und der einen gerade rausklagen will.

Man kann sich aber selbst natürlich jederzeit anmelden.

4.) Noch eine Bemerkung, warum man auch nur seine Kinder abmelden kann:
Auch Kinder sind freie Menschen. Aber es gibt echte Szenarien in denen nur die Kinder abgemeldet werden:
Kinder die eine Austauschzeit machen
Ein Internat in einem anderen Land besuchen (da muss man das Kind aber eh nicht abmelden, sondern nur die Schulbescheinigung bringen)
Bei getrennten Eltern beim anderen Elternteil
Auf Reisen
Längere Zeit Oma und Opa besuchen

Doch im allgemeinen teilen Kinder den Aufenthaltsort eines Sorgeberechtigten

Meine sind seit 5 Jahren abgemeldet. Ich habe dem Mann bei der Kindergeldstelle aber gesagt, dass sie ihren Hauptaufenthalt in Deutschland haben und wir Homeschooling machen - dass ich aus diesem Grund die Kinder nicht in Deutschland anmelden kann, weil es sonst Probleme gibt. Er hat das sofort verstanden! Ebenso der Mann vom Jugendamt, der mal zu Besuch war.

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Ich will noch einen letzten Weg erklären:
The Expensive:

Wenn man nur wegen der vermeintlichen Schulpflicht aus Deutschland auswandern will, dann wählt man den teuersten und nervenaufreibendsten Weg von allen. Andere Länder haben auch Sitten. Die Wahrscheinlichkeit Großeltern zu sehen sinkt massiv. Die Wahrscheinlichkeit sich dort perfekt zu integrieren oder besser als hier angenommen zu werden ist gering.
Ein Umzug in eine andere Kultur belastet die Familienstruktur.
Und nun das stärkste Argument: Wenn man bereit ist auszuwandern, dann sollte man wenigstens den ersten Bußgeldbescheid abwarten und erst dann auswandern. Das genügt noch reichlich!
Außer natürlich, man möchte im Grunde seines Herzens die Welt kennen lernen. :)

Die freie Schule ist praktisch der "Most Expensive" Ansatz. Man zahlt hier pro Kind, pro Monat eine Strafgebühr, dass sie dann doch im goldenen Käfig sitzen. Denn raus dürfen sie nicht wie und wann sie wollen. Eine Gruppendynamik gibt es auch und der Staat drückt auch bei den freien Schulen von Jahr zu Jahr; und mit steigenden Schuljahren; und mit steigendem Alter der Schule mehr sein Ding durch.

1 Kommentar:

  1. Interessante Abwägung. Das Problem, was ich bei Strategie "Good" sehe: Es gibt eben doch manchmal Nachbarn, die sich mit deinen Erklärungen nicht zufrieden geben. An solchen Fragen zeigt sich, wer ein echter und wer ein falscher Freund ist. Oder es gibt einen Museumsmitarbeiter, der an der falschen Stelle die falsche Rückfrage stellt und dann setzt er bewusst oder unbewusst den Verfolgungsapparat in Gang. Wenn die Ämter den Fall dann aufrollen, dann hast du nicht nur die Bußgelder an der Backe, sondern vielleicht auch noch ein Strafverfahren, weil du die Ämter angeschwindelt hast. Und die lassen es sich sicher nicht nehmen, der ganzen Welt vorzuführen, dass Schulschwänzer von Grund auf kriminell sind.
    Der "Ugly"-Weg kann zunächst mit mehr Nervenverlust und Zeit- und Geldverschwendung einhergehen, aber der Vorteil ist, dass dein Herz rein bleibt. Wenn man sich eingehend mit den gegenseitig im Konflikt stehenden Gesetzen beschäftigt, erkennt man dabei, dass die Schulpflicht selbst eigentlich grundgesetzwidrig ist. Die Gerichte können das nur noch nicht zugeben. Wenn man seine Rechte kennt, kann man vor Gericht zumindest erreichen, dass dich die Richter zähneknirschend nicht verurteilen können, auch wenn sie gerne würden. Vorteil ist, man bleibt immer sauber, kann vor anderen Leuten nicht als kriminell hingestellt werden, sondern entlarvt vielmehr die Beamten als Rechtsverdreher und sichert sich damit mehr Unterstützung durch seine Mitmenschen. Das ist doch auch was wert.
    Also ich denke, die Zuordnung von "Good" und "Ugly" kann man auch andersherum sehen.

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