Freitag, 15. Januar 2016

Update - Das Ende der Dyslexie und weiteres

Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere, dass Nami noch vor 15 Monaten stark mit dem Lesen kämpfte - dann haben wir durch ein sehr hartes Training die 48 Wörter pro Minute erreicht. Ein Niveau, auf dem man flüssig lesen kann - nicht super, aber halt so, dass man die Geschichten versteht.

Fast Forward in die Gegenwart: "Eine Woche ohne Lesen hätte ich nicht überlebt" - ich war wirklich überrascht, als ich diesen Satz heute gehört habe.
Was ist in diesem Jahr passiert?

Nach dem harten Training machten wir praktisch einen kompletten Stopp. Es gab keinerlei Training mehr. Ich war erschöpft - sie war erschöpft. Und das Ziel war vorerst erreicht.

Nach ein paar Wochen der Pause lieh ich dann Comics aus... die Reihe "Der kleine Prinz" war besonders interessant. Auch Garfield, Donald Duck, Goofy und Hägar (wobei sie Hägar nicht so mochte). Auch andere leichte Kost. Am Anfang hatte sie noch gemeint: "Ich hasse Comics".

Doch mit der Zeit - und ich ließ sie da einfach in Ruhe - legte sich das und sie fing an die Comics zu lesen. Wenn ich sie sah, wie sie auf der Couch eines las, ging ich schnell weiter - tat so als ob ich nichts gesehen hätte. Nicht, dass sie aus stolz ihre Aussage "Ich hasse Comics" demonstrieren musste und das schnell weglegte.

Und so ... liest sie mittlerweile praktisch alles von Astrid Lindgren. "Kinder aus der Krachmacherstraße", "Kinder aus Bullerbü", "Michel bringt die Welt in Ordnung" und all das.

Man möchte es fast gar nicht glauben.
Ich habe dann letztens eine Lesemessung mit ihr gemacht. Mit RapidTyping. Und sie war bei ca. 300 Zeichen pro Minute. Das ist praktisch eine altersgemäße Lesegeschwindigkeit.

Rechtschreibung? Die wird kommen :) Jetzt soll sie erst mal ihr Lesen genießen. Und in einem Jahr schreibe ich dann darüber :)

Aktuell lernt sie als Skill-Trainings: Spanisch und 10-Finger-System. Und bei 10 Finger-System ist sie mittlerweile bei 70 Zeichen pro Minute.

Sanji (bald 7 Jahre) liest nun auch ziemlich normal. Wagt sich auch an kleinere Bücher heran und ist auf einem Niveau, dass ich alles Lesetrainings aufgehört habe. Auch er lernt jetzt 10-Finger-System. Auch wenn er noch sehr klein ist und seine Fortschritte mehr spielerisch sind, macht es ihn schon stolz auch da besser zu werden.

Chopper.... wo fange ich an? Er hat nun seine 8 oder 9 Kurse. Und lernt Französisch (hier schon ein sehr gutes Niveau - gerade übersetzt er mir Tintenherz (Coeur d'encre), und Latein (hier übersetzt er "Cornelia" - ja das kleine Biest gibt es auch auf Latein) und Italienisch (wo wir gerade anfangen, Roald Dahls "Magische Medizin" zu übersetzen). Zusätzlich lesen wir jeden Tag zwei Kapitel in einem Geschichtsbuch (aktuell "Die Geschichte der Wirtschaft", als nächstes dann über Krieg, Philosophie und Sklaverei). Und schauen uns noch zusätzlich irgendeine Youtube-Dokumentation über Geschichte an. Wenn er etwas nicht weiß, sieht er es sofort auf seinem Handy nach. Auch finde ich ganz toll, was er für eine App-Auswahl auf seinem Handy hat: Wikipedia, Anki und Memrise.

Er wird immer erwachsener, das geht nicht nur von seiner eigenen Entwicklung, sondern auch im Haushalt macht er seine Tasks praktisch von sich aus. Motzt nicht herum, sondern weist die beiden anderen Kinder darauf hin, dass sie - wenn sie mal ausgezogen sind - keinen Vater mehr haben, der das alles für sie übernimmt. Ich war wirklich erstaunt, als ich das hörte. Dankbarkeit für die Dinge, die andere für einen tun, finde ich eine der wichtigsten Eigenschaften. Zusammen mit Großzügigkeit in dem was man für andere tut.

Auch durch seine vielen Sportarten: Paddeln, Schwimmen, Parcours, Tanzen und Klettern ist er in seiner körperlichen Entwicklung auch sehr gut dabei.

Es ist einfach nur schön zuzusehen, wie Kinder jeden Tag größer und stärker werden. Und trotzdem bleibt ihnen noch so viel Zeit für Freunde und Spielen :)

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Treffen mit der Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD

Heute war das Treffen mit der SPD Arbeitsgemeinschaft Bildung.

Wir waren locker in einem Restaurant und es waren 7 Menschen da. Ich war als Referent geladen und da es ein offenes Treffen war, war auch jemand von Aktion Schulen im Aufbruch da.

Zuerst kam eine Vorstellungsrunde in der ich die Schulfrei Bewegung vorstellte, neben den regionalen Gruppen, die Kontakte bieten, auch die Gruppe in der konkrete Handreichung und Rechtsbeistand für Schulverweigerung gestellt wird. Die Vorsitzende erzählte, dass es ein paar harsche Absagen zu dem Thema gegeben hat - was ich mir sehr gut vorstellen kann. Ich war verwundert, dass die SPD überhaupt so offen war. Immerhin stand es sogar auf ihrer Homepage.

In der Einladung waren schon Youtube-Links zu Andre Stern, Moritz Neubronner und einer Studie drin, so waren die Mehrzahl der Teilnehmer nicht ganz neu zu dem Thema.

Danach kam das Gespräch darauf zu sprechen, dass es in Deutschland mittlerweile eine recht große Szene gab, die aber ohne jegliche staatliche Aufsicht und unter jedem Radar operiert - und hier der Staat, so lange er auf ein reine Schulanwesenheit bestehe - sein Wächteramt vernachlässigt. Da er durch die Gesetzgebung viele Menschen dazu bringt sich zu verstecken und zu isolieren.
Ich machte weiterhin darauf aufmerksam, dass genau das Gegenteil für die Kinder und auch die Eltern erreicht werde - nämlich das Gesetz bewirke soziale Isolation, ein zurückziehen von der Gesellschaft und ein Abwenden vom Staat, dem man diese herrliche Erfahrung verdankt.

Hier gab ich zu bedenken, dass Moritz Neubronner, der ja viel mitmachen musste, in einem Interview über seine Zukunft sagte, dass er sich überlege Politologie zu studieren um etwas zu ändern. Also scheint hier eine sehr resiliente Einstellung durch Homeschooling erzeugt worden zu sein - er geht nicht in die Opferrolle und sieht den Staat als Täter, sondern sieht den Staat als etwas zu veränderndes und sich als einen Akteur, der hier Wirkung erzielen kann.

Auf das Thema Resilienz kamen wir natürlich auch. Das Leben ist ja kein Wunschkonzert und es hört sich sehr nach: Man darf machen was man will und lassen was einem schwer erscheint.
Ich klärte darüber auf, dass
1.) die Welt auch ohne Schule nicht immer ein Wunschkonzert ist - und wenn sie es wäre, dann wäre das Argument hinfällig.
2.) um einen Abschluss zu bekommen muss man in Deutschland als externer Prüfling sogar höhere Anforderungen erfüllen als als normaler Schüler

Und Drittens gäbe es mittlerweile sehr viel Resilienzforschung. Und da Resilienz lernbar ist und zwar in einem ungeheuren Ausmaß ständen mittlerweile auch Übungen zur Verfügung, diese zu trainieren. Wenn man sich aber diese Übungen anschaut, dann sehen die sehr wenig der Schule ähnlich. So ist z.B. eine Übung sich mehrere Verlierer und mehrere Gewinner vorzustellen und dann darüber nachzudenken, was haben die Gewinner gemacht um Gewinner zu werden. Über wie viele Steine musste sie springen, durch wie viele Feuer gehen und wie oft wurden sie zu Boden geworfen, wie hart mussten sie an sich arbeiten? Und nun soll man sich die Verlierer vorstellen, und sich fragen: Was müssen diese Menschen machen, damit sie stark werden? An welchen ihrer Fähigkeiten müssen sie trainieren, welchen Aufgaben müssen sie sich stellen um ihre Träume und Ziele zu erreichen?
Die Übung zielt darauf ab, dass niemand ein Verlierer ist und auch kein Gewinner vom Himmel gefallen ist. Man steht jeden Tag neu auf und entscheidet aufs Neue, wer man wird. Im Gegensatz zum Schulalltag, wo (laut Studien) in den ersten 3 Wochen jedem seine die Schublade geöffnet wird und dann bis zur 11. Klasse stabil bleibt. Hier ist man wer man ist und das bleibt starr und die einmal gebauten Vorurteile wieder zu überwinden ist schwer bis unmöglich.
Die Schule ist - wenn man sich die Resilienzforschung anschaut - einer der schlechtesten Orte um ein starker Mensch zu werden.

Ist es nicht eine Flucht aus dem Schulsystem. Auch hier antwortete ich, dass es verschiedene Motivationen für Eltern gäbe. Es ist keine Flucht, es ist eine Wahl. Es ist eine weitere Option, so wie eine Montessori oder eine Waldorf Schule. Flüchten die? Oder finden sie einfach etwas anderes besser und mit welchem Recht verbietet man es nun?

Der nächste Punkt war dann Unterordnung - unter den Chef, unter den Wecker.
Hier konnte ich mir nicht verkneifen anzumerken, dass wenn Schule der einzige gute Platz ist um zu lernen, wie man sich unterordnet - und der Rest der Welt nicht-  dann würde ich es mir zweimal überlegen, ob ich diese Lektion im Dücken so unbedingt haben möchte.
Aber wieder gilt, dass Homeschooler im Arbeitsleben erfolgreich sind und auch ihren Schulabschluss gut schaffen. Und hier müssen sie sich definitiv Anweisungen unterordnen.
Zum Wecker: natürlich stehen Homeschooler nicht jeden Tag um 7.30 Uhr auf, sondern schlafen eher aus. Wobei Ausschlafen ja auch nicht das Schlechteste ist für die Entwicklung. Dennoch, wenn sie einen Kurs haben, der um 9 Uhr beginnt oder um 8, dann stellen sie sich den Wecker und stehen dann auf - und zwar nicht weil man mich zwingt, sondern weil ich in diesen Kurs will.

Hier hob ich den Unterschied zwischen externer und interner Disziplin hervor. Während Schule zum großen Teil versucht externe Disziplin zu erzielen, ist beim Homeschooling interne Disziplin ein wichtiger Faktor. Hier geht es um die Erreichung von eigenen Zielen.

Bei all dem wies ich aber immer darauf hin, dass es eine breite Palette an Homeschoolern gibt. Es gibt die, die Schule zu Hause machen: mit Noten, Lehrplan, Pulte und Tafel bis hin zu denen, die ihre Kinder bei ihren Interessen unterstützen. Es gibt nicht: DEN typischen Homeschooler und alle machen das so wie er. Es ist vielmehr so, dass es keine zwei Familien gibt, die es gleich machen. Und sogar von Kind zu Kind gibt es Unterschiede im Homeschooling innerhalb einer Familie.
Ich wies auch darauf hin, dass ein Lehrer circa 8000 Stunden mit einem Kind verbringt - während dessen gesamter Schulkarriere. Während ein Elternteil innerhalb der ersten 3 Jahre schon 8000 Stunden mit dem Kind verbringt - und somit ist ganz klar, der Elternteil der Mensch, der die Bedürfnisse des Kindes am Besten kennt und am ehesten darauf eingehen kann.

Natürlich kam es auch auf Sozialisation zu sprechen. Hier konnte ich (teils aus eigener Erfahrung) erklären, dass ein Kind das nur ca. eine Stunde am Tag mit Lernen verbringen muss natürlich viel mehr Zeit hat um andere Menschen kennen zu lernen, als ein Schulkind. Ein Schulkind hat die ca. 30 Kinder aus seiner Klasse - davon vielleicht 5 die interessant sind, da sie ähnliche Interessen haben. Und dann noch vielleicht Zeit für ein oder zwei Kurse. Während ein schulfreies Kind Zeit für viele Kurse hat. So hat Chopper mittlerweile 9 Kurse pro Woche. Jeder Kurs bietet Kinder, die ähnliche Interessen haben - nämlich diesen Kurs. Das führt zu viel mehr potentiellen Freunden als bei einem Schulkind. Zusätzlich gibt es auch einen Kurs in dem nur erwachsene Männer sind (der Schachkurs) und dies bietet noch einmal eine ganz andere Sozialisationserfahrung - die auch sehr wertvoll ist.

Es entstand noch der Eindruck, dass Homeschooling nur etwas für kreative Berufe ist. Also sehr elitär. Es werden nur hochausgebildete Berufe angestrebt - der normale Call-Center-Mitarbeiter scheint aus der Schule rekrutiert werden zu müssen. Auch hier wies ich 1.) wieder darauf hin, dass Homeschooling nicht homogen ist. Es gibt auch hier wie beim normalen Schulsystem, das standard System und dann noch die kreativen reformpädagogischen Strömungen.
Und 2.) ist auch nicht jeder Mensch / Schüler für einen kreativen Beruf geschaffen, es gibt manche Kinder, denen liegen Zahlen mehr als Romane schreiben und andere die sprechen gerne mit Menschen während andere mit Büchern liebäugeln. Menschen sind verschieden - und so werden es auch die Berufe sein, die sie später ergreifen.
Es gibt eine einzige mir bekannte Gesetzmäßigkeit, nämlich, dass Homeschooler in den Finanzberufen sehr stark unterrepräsentiert sind.

Zusätzlich entstand noch der Eindruck, dass Erfolg ja klar ist, wenn beide Elternteile bildungsaffin sind und das Kind von Büchern umgeben ist. Hier konnte ich auch entgegenhalten, dass 1.) der Unterschied in den Leistungen laut Statistiken nicht groß ist. Nämlich bei Doppel-Akademiker-Eltern (also beide Akademiker) die Leistungen des Kindes in Vergleichstests im 88 Perzentil Bereich sind -während sie bei Nicht-Akademiker-Eltern im 81 Perzentil sind. Also Homeschooling ist hier das ultimative Mittel um Chancengleichheit im Bildungsbereich herzustellen.
Und 2.) aktuell Schwarze aus der Unterschicht in den USA Homeschooling für sich entdecken. Da die Schulen ihre Kinder aktuell nur aussortieren - während sie mit Homeschooling eine echte Chance haben. Einzig zählt das Interesse am eigenen Kind - und das ist bei den meisten Eltern sehr stark.

Zusätzlich kam natürlich das Gespräch auf die Herkunft und den Sinn der Schulpflicht für den Staat. Hier wies ich (und ein anderer aus der Runde) darauf hin, dass Homeschooling noch in der Weimarer Republik ging. Aber dann 1938 radikal verboten wurde. Die Ursprünge der Schulpflicht sind zwar bei Königen und Kaisern zu finden, sie entstammen aber allesamt dem preußischen Militarismus zum Zweck tüchtige Rekruten zu haben. Auch die Idee mit der Verhinderung von Kinderarbeit kam zum Ausdruck. Jedoch auch dieses stimmt größtenteils nicht. Die Maschinen wurden nur zu komplex um noch von Kindern zu bedient werden, zusätzlich gab es auch sehr hohe Todesfallraten und einen wachsenden politischen Widerstand gegen die schlechten Auswirkungen der Kinderarbeit (der Protest wurde allerdings in Deutschland blutig niedergeschlagen und hatte nur in England Erfolge). Natürlich konnte man aber mit der wachsenden Komplexität von Maschinen auf die Kinder verzichten - aber auf die Eltern nicht und so mussten die Kinder anders beschäftigt werden - am besten vorbereitet auf den späteren Dienst an der Maschine.

Ebenfalls wies ich darauf hin, dass durch das Festhalten am "Nur-In-Der-Schule"-Leitsatz schnelle und einfache Möglichkeiten ausfallen und unmöglich werden. So hat man in England einen Schul-Bus, der mit allem ausgestattet ist, was man zum Lernen braucht (Sprach-Kurse bis Chemie-Labor) versucht. Dieser kann nun in der aktuellen Flüchtlingskrise von Flüchtlingsheim zu Flüchtlingsheim fahren - die Lehrer springen heraus und bauen die Wissens-Stände auf, bei denen jeder dann einfach lernen kann.

Alles in allem war das Gespräch sehr gut und man fragte sich, was man da jetzt für einen Antrag schreiben könnte um das zu unterstützen. Aber in der SPD ist es natürlich ein langer Weg, da ja an einem Dogma gerüttelt werden. Während manche dafür waren die Schulpflicht sofort zu lockern oder die Bildungspflicht nach dem französischen Modell einzuführen oder dem österreichischen war anderen klar, dass es ein langer Weg sein würde - in Deutschland und in den Parteien.

Hier wies ich auch wieder auf die Stern Umfrage und auf meine Erfahrung auf den Straßen hin, dass mittlerweile außerschulische Bildungskonzepte eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung finden (in der Umfrage im Stern sogar 76 % ) während die Politik durch ein aggressives "Wegschauen" sich hier sehr weit von den Bürgern entferne.

Ich erklärte auch noch meine Arbeit in der Begleitung und Vermittlung zwischen Jugendamt und Fällen mit Homeschooling.

Am Ende bekam ich noch einen Rot-Wein als Geschenk - worauf ich antwortete, dass ich Amisch sei und nicht trinke. Nach einer Schrecksekunde löste ich auf und erklärte, dass das nur ein Spaß war. Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen mit möglichen Vorurteilen zu spielen, die ja tief in uns allen sind :)
Ich musste aber wirklich die Offenheit des Treffens loben, denn als ich das erste Mal von Homeschooling hörte, da hatte ich vor meinem inneren Auge Kinder, die von ihren Eltern in die Besenkammer gesperrt wurden. Mittlerweile sind 8 Jahre vergangen und ich weiß, was es für eine tolle Möglichkeit ist und wie viel Freiheit ein schulfreies Leben bietet.

Sonntag, 8. November 2015

Hühner und Verantwortung

Nachdem Nami nun über mehrere Monate sich um Hühner und Kaninchen in dem Kleintierzüchterverein gekümmert hat, hat sie heute ihren eigenen Schlüssel bekommen.
Das bedeutet für sie konkret, dass sie sich nun jeden Tag um ihre Tiere kümmern kann - und es ist auch ein großer Vertrauensbeweis.

Ihr Förderer dort will jetzt noch ein paar Monate schauen, ob Nami mit gleichem Interesse und gleicher Persistenz an der Sache dran bleibt... und dann... wollen wir uns alle an einen Tisch setzen und sie kann sagen, was sie selbst gerne züchten würde, bekommt ihre eigene Parzelle mit ihren eigenen Tieren.

Ich bin gespannt, wie es weiter läuft. Und ich finde es auch sehr gut, wie sehr Nami im Leben lernen kann, dass stetiger Einsatz auch immer mehr Vertrauen der Mitmenschen nach sich zieht und dies dann dazu führt, dass andere einem mehr und mehr Verantwortung und Eigenständigkeit zutrauen.

Sonntag, 27. September 2015

Choppers erste Freizeit außer Haus

Die Kinder werden immer größer und größer. Chopper ist jetzt 11 und er war auf seiner ersten Freizeit. Mit Paddelbooten sind sie am einen Tag über den Rhein, haben dort gegrillt, Wasserübungen gemacht, gezeltet und sind dann am nächsten Tag wieder zurück.

Als ich dort zum Abholen auftauchte sagte mir der Paddeltrainer, dass die Kinder ihre Zelte selbst aufgebaut hatten, selbst Lagerfeuer gemacht hatten, etc. Alles eigenständig außer beim Zusammenpacken der Wurfzelte war Hilfe notwendig.

Es ist schon eine heftige Zäsur.

Nächsten Monat ist schon die nächste Freizeit. Diese dauert dann schon länger.

Sonntag, 13. September 2015

Nach den Sommerferien - ein Update

Wie ich diesen Schulanfang nach all den Jahren noch spüre, wenn das Wetter so herbstlich wird. Dieses Aufwachen mit einem tiefen Gefühl der Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit, die das Ende der Sommerferien markiert. Nächstes Jahr bin ich wieder im Ausland um diese Zeit. Im Süden. Definitiv. Der Duft und Anblick von Pinien und Meer ertränkt alle Dunkelheit und alles Grau.
 Woran merkt man als Unschooler, dass der Sommer vorbei ist? Eigentlich nur am Wetter... und dann ist heute auch noch der letzte Tag an dem das Freibad geöffnet ist. Letztes Jahr um diese Zeit war ich gerade ein paar Tage in Venedig und es standen uns noch herrliche zwei Wochen bevor. Als wir dann zurückkamen war es herrliches Wetter. Die Luft war aber schon kalt und die roten Blätter der Bäume verrieten was bald kommen würde.

Wenn ich mich frage, was mir Unschooling bedeutet und ein schulfreies Leben, dann fühle ich wie tief es geht: So viel! Alles! Jeden Tag wachsen dürfen, so wie ich es will. So wie es *mein* Leben verlangt. Kein anderer. Es gibt keine Katastrophe mehr - es gibt nur noch Richtungen der Entwicklungen.
Dieses Jahr habe ich mit Singen angefangen und es ist als schließt sich dadurch eine so starke Lücke in meiner Persönlichkeit. Ich war immer nur akademischer Verstand oder stilles Gefühl. Singen hat mir Ausdruck verliehen - auch wenn ich Singen selber noch nicht kann.

Gerade ging ich durch die Wohnung... Nami lag auf der Couch und las "Der kleine Prinz" - die Comicreihe. Nach dem ganzen Training wegen ihrer Dyslexie haben wir ja dann bei 46 Wörter pro Minute eine Pause gemacht. Kein Training mehr. Eine lange Sommerpause. Generell fangen wir die Sommerpausen ja so um März herum an.
Und dann fragte mich Nami, was denn sei, als ich stehenblieb und ihr einfach beim Lesen zusah... was sei? Freude... Tränen in den Augen... Innerer Frieden... Ich nickte nur und machte: Mmmm...
Dann sah sie nach einer Minute wieder auf und begann über die Finsterlinge (sie repräsentieren Angst in dem kleinen Prinzen) zu erzählen, die gegen den kleinen Prinzen kämpfen. Sie dachte die wären kleiner. Von seinen Ängsten denkt man wohl immer sie seien kleiner... bis man anfängt sich ihnen zu stellen und gegen sie zu kämpfen.
Eine andere Entwicklung ist, dass Nami nun mittlerweile die Untertitel von One Piece mitliest. Und das ist wohl ein super Training für ihr Lesen.

Danach ging ich in die Küche. Chopper saß am Tisch und frühstückte und las. Er liest praktisch immer beim Frühstück. "Herr der Fliegen" ist es gerade. Ein Buch, das bestimmt kein Kind in der 5.ten Klasse liest. Eine Freundin sagte mal, dass ich Chopper für die Ivy League trainiere... und das stimmt wohl auch irgendwo. Aber ich bin überzeugt dieses Recht auf die Erreichung seines ganzen Potentials hat jeder Mensch. Warum sollen Menschen nur kleine Flügel bekommen, wenn sie große Schwingen wachsen können? Welche die im Licht schillern, wenn sie auf die Sonne zufliegen?

Nami hat jetzt auch ein Ziel: Ihr Ziel ist es, dass Blaumeisen aus ihren Händen picken. Was für ein schönes Ziel :) Sie fährt jeden Sonntag früh zu dem Kleintierzuchtverein und füttert dort bei einem Züchter die Hühner. Und mittlerweile hat der Züchter auch Albino-Kaninchen für sie gekauft. Und sie fängt auch an die Hühner der Nachbarn zu füttern. Sie gibt toten Tieren ein Begräbnis und spürt alle Vogelnester auf.

Die beiden großen Kinder lernen nun Sprachen. Chopper lernt Französisch... da ist er ja auch schon ziemlich weit. Hat nun Latein dazugenommen und mittlerweile auch Italienisch. Gestern wollte er auch noch Bayerisch nehmen, aber ich riet ihm erst mal seinen Laser zu fokussieren, bevor er alles mache. Er hat ja noch genug Zeit. Er benutzt mittlerweile hin und wieder lateinische Wörter - und ja - ich muss mittlerweile nachfragen. Und er erklärt mir dann seine Theorien mit welchen Wörtern sie aus unserer Sprache zusammenhängen. "Ostendere" meinte er würde mit Osten zusammenhängen - er stellte sich wohl einen Imperator vor, der damals nach Osten *zeigte*. Aber Osten, so fanden wir dann heraus kommt aus dem Althochdeutschen. Über die Jahre wird sich so sein linguistisches Gespür entwickeln.

Nami lernt nun Spanisch. Am Computer. Ganz alleine. (ja wirklich, alle Kinder schicken mich raus, wenn sie lernen - nur Sanji *noch* nicht - sollte mir das irgendwas sagen?). Sie macht das wirklich gut.

Diese Woche beginnen wieder die Kurse. Und am 20.ten ist dann schon Choppers Tanzaufführung.
Letzte Mama-Woche hat Chopper die ganze Woche seine eigenen Spiele programmiert.

Meine Haushaltsfähigkeiten werden immer besser. Ich war eine Zeit lang ratlos, da ich nicht wußte, wie ich die Kinder einbinden kann. So dass es ihnen Freude macht. Ganz freiwillig hat nicht funktioniert. Das Leben ist einfach viel viel spannender als Haushalt. Nun haben wir die Vereinbarung, dass sie ein Zimmer aufräumen (oder einen Teil von einem Zimmer) und ich dann immer extra was koche. Kochen macht mir dann auch Freude, wenn ich merke, dass wir alle was tun und ich kann wirklich was Gutes kochen. Die Ordnung wird dadurch die Ordnung der Kinder - somit achten sie auch darauf und richten nicht einfach Chaos an, als ob es kein Morgen gäbe. Und die Küche nicht vor dem Kochen erst selbst komplett aufräumen zu müssen entspannt wirklich. Sehr. Und ich kann mich darauf konzentrieren meine Kochkünste zu verfeinern.

Unser Familienalltag hat sehr wenige Tiefs. Über die letzten Wochen wurde es wieder sehr sehr harmonisch. Und ein sehr starkes Zusammensein. Die Kinder lernen immer mehr aufeinander einzugehen.

Tagsüber sehe ich die Großen nur immer mal wieder. In den Ferien haben ja die anderen Kinder Freigang und Freundschaften können geschlossen werden und den ganzen Tag kann gespielt werden. Ich komme rein und auf einmal liegt da wieder die Freundin von Nami im Wohnzimmer und streichelt den Hund... ich kratze mich am Kopf.

Nami hat auch ihre Kleptomanie mittlerweile sehr gut überwunden. Ich kann überall Geld rumliegen lassen (eine Schwäche von mir). Und nichts mehr verschwindet. Nein, mehr noch. Nami bastelt kleine Sparbüchsen und räumt das Geld dann zusammen.

Mittwoch, 8. Juli 2015

Vor-Lesen

Eine der wichtigsten Sachen für das Lernen ist mittlerweile das Vorlesen geworden.
Ich lese also jeden Tag beständig etwas vor. Mal ein dickes Buch (über mehrere Tage hinweg), mal eine Märchensammlung.
Während ich die meisten Texte "niveaugerecht" auswähle, halte ich es aber für sehr wichtig, dass hin und wieder ein Buch vorkommt, der weit über das aktuelle Niveau herausgeht (ca. 4 Schulklassen :P  über Choppers aktuellem Verständnis).
So habe ich letzten Urlaub "Call of the Wild" von Jack London (wird in der Highschool in der 8.ten Klasse gelesen) angefangen, bis Chopper es dann aufgegriffen hatte - und noch weitere Bücher von London las.
Am Anfang muss man zwar immer ein bisschen (viel) erklären, aber mit der Zeit "läuft" das Buch dann einfach.
Dann war es "Die Kinder aus Nr. 67", "Farm der Tiere" und auch "Herr der Fliegen".

Nun ist "Das Bildnis von Dorian Gray" dran - bei den ersten Seiten war ich echt kurz vor dem Aufgeben. Es ist dieser Teil in dem praktisch der ganze Zeitgeist des 19. Jahrhunderts erklärt wird - und das alles mit den hochtrabendsten Worten.

Wie dem auch sei, ich habe etwas zurückgeschalten und erst mal nur immer eine Seite gemacht und diese dafür viel erklärt. Und dann haben wir alle darüber gesprochen.

Es geht um die alte Frage "Was ist, wenn wir die Möglichkeit haben mit allem durchzukommen und egal wie böse wir sind immer ungestraft davonkommen?".
Es hat sehr gut zu "Herr der Ringe" gepasst (das Chopper gerade durchgelesen hat) - dort gibt es ja diese Ringe, die das auch ermöglichen (durch Unsichtbarkeit, so viel ich weiß).

Mittlerweile sind wir an einem Punkt, wo wir wirklich gut über das Buch und die Eigenschaften der Charaktere sprechen können. Also haben wir es erstmal den Berg hoch geschafft und können nun den Ausblick genießen. Ich denke Durchhaltevermögen ist wirklich eine der wichtigsten Eigenschaften, die man gar nicht früh genug anfangen kann zu üben.

Einen anderen interessanten Seiteneffekt hat die ganze Vorleserei jetzt auch noch: Chopper hat "Vorlesen" als Skill auf die Skill-Liste gesetzt und will das jetzt aufbauen. Heißt: er liest mir jetzt von sich aus immer wieder was vor. Das ist echt schön - so habe ich mir das mal vor... äh...10 Jahren gewünscht. Und jetzt wo ich diesen Wunsch schon fallen gelassen habe, da kam er auf einmal unerwartet und hat sich erfüllt. Nach 10 Jahren!


Samstag, 4. Juli 2015

Sprachen Update - Latein

So, heute haben wir beim Essen über eine riesen Pizza Fungi gesprochen, da meinte Chopper, dass "Fungus" "Pilz" auf Latein heiße. Er sagte noch ein, zwei Wörter Latein und erzählte mir dann ganz beiläufig, dass er jetzt schon mit Latein angefangen habe - und doch nicht Italienisch als seine nächste Sprache mache.
Ich war wirklich beeindruckt und habe mich echt gefreut, dann meinte ich, dass ich ihm vor ein paar Tagen ein Video geschickt habe, in dem jemand Latein spricht.
Das haben sie sich dann alle gleich auf Youtube angesehen und Chopper meinte danach, dass er schon ein paar Wörter erkannt habe: "Ist irgendwie so eine Mischung aus Englisch, Deutsch und Französisch".

Ich hatte ihm folgendes dazu geschrieben:

an der Stelle 7.25 spricht Cäsar Augustus Latein - aber mit einem italienischen Dialekt. Echt interessant.
schau mal ob Du die Worte: consentio, igitur und sumus heraushörst und ihre Bedeutung rausfindest :)