Dienstag, 10. Februar 2015

Sozialisation - Regeln

Eine "Frage", die immer wieder kommt ist: "Ich kann mir nicht alles aussuchen. Ich kann ja auch nicht bei Rot über eine Ampel gehen."

Regeln sind dazu da um unsere Gesellschaft und unser miteinander zu ordnen. Soziale Regeln - um die es hier geht - lassen uns erst effektiv miteinander umgehen.

Jedoch werden diese Regeln überall wo Menschen aufeinander treffen ausgehandelt. Sie werden nicht nur durch Strafe und Belehrung weitergegeben, sondern auf vielerlei Weise. Über Medien, Beobachtung von Verhalten und über sog. Mikro-Bestrafungen ("micropunishments) - das sind kleine Hinweise anderer, dass ein Verhalten nicht der Norm entspricht. Z.B. Naserümpfen, Weggehen, etc..

Unter dem Begriff "Norm Breaching" findet man auf youtube unzählige Videos in denen die Reaktion von Unbeteiligten auf Regelbrüche gefilmt werden.
Einfache Regelbrüche sind:
Man geht quer durch eine Gruppe von Leuten, die sich unterhält.
Man fängt an im McDonalds über den Preis der Burger zu verhandeln.
Man legt sich in der Fußgängerzone auf den Boden und fängt an zu singen.
Man leckt seinen Teller im Restaurant leer.
Man applaudiert der Bedienung im Burger King, wenn sie die Pommes bringt, dann bejubelt man sie noch mal sobald der Burger kommt.
Man geht auf einer Party - sobald man ankommt - in die Küche und fängt das Besteck an umzusortieren, ohne ein Wort sagen z.
Man stellt sich in der Toilette genau an das Urinal neben jemanden und versucht zu erraten, was er alles getrunken hat.
An der Ampel ruft man den Leuten auf der anderen Seite zu: "Kommt nur her!" "Ich komm gleich rüber!"

Es ist leicht ersichtlich, wie die Menschen um einen herum reagieren werden. Ich finde es also interessant, dass sich manche Menschen um Regelbrüche Sorgen machen - Normen machen den Teil des Verhaltens aus, der praktisch unausweichlich gelernt wird, so sehr man sich auch dagegen zu wehren versucht. Dass genau der Teil, der in der realen Welt am besten gelernt wird - gerade nicht gelernt werden können soll. Bei Unschoolern, die sich doch "ausschließlich" in der realen Welt bewegen.

Außerdem werden soziale Normen sowieso auf die Situation bezogen gelernt. In der Soziologie wird das die "Bühne" genannt, auf der wir unsere Masken tragen. Ein Beispiel dafür ist, dass wir es als normal empfunden in Unterwäsche rumzulaufen, sobald wir im Schwimmbad sind.

Ich möchte also abschließend noch ein paar soziale Normen nennen, die wir alle als belustigend empfinden würden:
1.) Ich melde mich im Restaurant und rufe dem Kellner zu, dass ich bitte auf die Toilette gehen möchte - ob ich darf.
2.) Ich stelle mich am Bahnhof vor eine Gruppe von Menschen und frage einem nach dem anderen nach Fremdwörtern ab.
3.) Ich läute in der Kirche einen Gong und fordere alle Menschen auf sich für 20 Minuten ins Freie zu begeben.
4.) Ich stelle mich an einen öffentlichen Platz, fange laut an Dinge aus einem Buch vorzulesen. Fordere Leute zum Schweigen auf, die in einem Gespräch sind, frage alle paar Minuten einen Fremden danach, was ich gerade vorgelesen habe - und halte das 45 Minuten durch.
5.) Ich frage in der Arbeit bei einer Besprechung bei jedem Detail, ob er das abfragt, oder ob ich es wissen muss.
6.) Ich frage beim Einstellungsgespräch, mit welcher Art Stift geschrieben werden darf und mit welcher Farbe ich meine Hefte einbinden soll.
7.) Ich verbessere in einer Unterhaltung jeden Ausdrucksfehler des Anderen und frage ihn, was Subjekt und was Objekt seines letzten Satzes war.
8.) Ich entschuldige mich in der Bibliothek, dass ich nicht schon um 9 Uhr früh, als sie geöffnet hat erschienen bin.

Und noch eine kleine Regelsammlung als Lied :)

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