Montag, 17. November 2014

LernErfolge und Widerstand beim Unschooling

Das letzte halbe Jahr hat Chopper massive Fortschritte gemacht.

Hier mal eine kleine Liste der Highlights


  • innerhalb von 2 Monaten 3500 Seiten Romane gelesen
  • beginnt sich für Physik zu interessieren und freut sich, wenn ich aus dem Physik-Buch vor lese (anstatt Prosa)
  • bei Khan-Academy Early Math abgeschlossen
  • so oft es geht Holzwerkstatt (2*3 Stunden pro Woche aktuell) und baut ein Schwert, dass mittlerweile ziemlich professionell aussieht
  • wöchentliches Paddeln
  • knapp 140 Anschläge beim 10 Finger System erreicht
  • Speedreading (mit aktuell 550 Wörter pro Minute - er liest jeden Tag 3 Märchen von den Brüdern Grimm)
  • Platinen löten
  • LED Bausätze löten
  • In der Holzwerkstatt das Brenngerät in einen Lötkolben umfunktionieren
  • Roboter programmieren für die FLL (First Lego League)
  • Schachclub (er hat mittlerweile ein Niveau, dass ich wirklich Schwierigkeiten habe ihn zu besiegen)
  • Schwimmen im DLRG
  • Ein Spiel mit Scratch programmiert


Wir haben auch eine neue "Habit" auf den Weg gebracht, nämlich:
jeden Tag 6 Seiten in einem Sachbuch lesen (Physik)

Anschieben - die dunkle nicht-intrinsische Seite

Während die obige Liste sehr beeindruckend klingt, stellt sich mir dauernd die Frage: Ist das noch Unschooling? Oder "schiebe" ich nicht schon zu sehr?

Beispiele:

  • Das Lesen fiel ihm noch vor 1,5 Jahren schwer und beim Lernen zeigte er oft Widerstand.
  • Das Physik-Buch ging die ersten Tage sehr schwer und "prallte" an ihm ab.
  • Paddeln war er kurz davor aufzuhören.
  • 10-Finger-System muss ich ihn jeden Tag daran (mehrmals - auch mit Nachdruck "hast Du das jetzt endlich schon gemacht???") erinnern.  Manches Mal hat er auch bei einer Übung die Nerven verloren und wurde wütend.
  • Bevor er Romane las, las er nur Comics, bis ich diese weggeräumt habe. Hier hat er auch um Hilfe gebeten, weil er eingesehen hatte, dass er nicht so ohne weiteres davon wegkommt.
  • Bevor er Physik las, las er nur Romane, bis ich gesagt habe, er soll auch mal *naturwissenschaftliche* Sachbücher lesen.
  • SpeedReading musste ich ihn anfangs auch daran erinnern und das oft mehrmals und ihm die Texte einstellen.


Das Anschieben hat manchmal länger gedauert, manchmal kürzer und bei Physik und 10-Finger-System schiebe ich noch.

SpeedReading macht er mittlerweile von selbst und stellt sich immer mehr Texte ein, und immer höhere Geschwindigkeiten.

Von Selbst: Die Instrinsische Seite über die wir uns alle freuen


Auf der anderen Seite hat er nun endlich die erste Sache selbst auf seine Skill-Training-Liste geschrieben: Anki

Das ist ein SRS (Spaced Repetition System, Karteikartensystem) mit dem ich meine Japanisch-Wörter und -Sätze lerne.

Auch Schach hat er von sich aus vom ersten Tag an gemocht geliebt.

Am Anfang war das Interesse, dann stieg die Schwierigkeit aus dem Nichts

Das Schieben hatte bis jetzt aber immer Erfolg. Aus einem Nichtleser wurde ein Vielleser und aus einem Vielleser wurde jemand, der sich Wissen anlesen kann.
Anfangs war "Interesse" da. Natürlich wollte er lesen lernen. Dann kamen Schwierigkeiten.

26 Buchstaben, die in Zehntausenderkolonnen Hunderttausende Wörter geben. Wie schön ist es da einfach vorgelesen zu bekommen.

Dann kam Widerstand. Ich will nicht üben, ich will kürzer üben. Ich will anders üben. Ich mag Lesen nicht. Ich werde nie lesen. Ich spiele gerade. Jetzt esse ich gerade was. Das Wetter ist so schön.

Ich frage mich, was wäre gewesen hätte ich dem Widerstand nachgegeben, hätte ich die Prokrastination es rauszögern lassen, bis nichts mehr da ist. Was wäre: Hätte ich ihm erlaubt "aufzugeben".

Hätte er alles einfach ein paar Jahre später gelernt? Und was in diesen Jahren? Nur malen und spielen? Nur Filzen und Geschichten anhören? Ist der Geist ein Muskel, der trainiert und gefordert werden will, oder eine Pflanze die wachsen muss? Oder eine Mischung aus beidem? Darf ich trotz Widerstand weitermachen? Lernen nach vorne zu gehen, egal welche Probleme kommen. Persistenz. Aber: Zerstöre ich damit nicht seine innere Motivation? Sein natürliches Interesse?

Highflyer und Andere

Es gibt anscheinend Highflyer. Die fangen an sich die Buchstaben anzusehen und dann formen sie daraus Wörter, Sätze und *plopp* lesen sie Bücher.
Aber es scheint auch die Menschen zu geben, die sich das alles erarbeiten müssen.

Aus Nicht-Kennen wurde Interesse

Die Methode Skill-Training hat mit Chopper wirklich Erfolg. Aus vielen Sachen, gegen die er sich anfangs gewehrt hat, weil sie ihm schwer fielen sind mittlerweile sind mittlerweile nicht mehr von ihm wegzudenken. Sie sind ein Teil seiner täglichen Praxis und seiner Persönlichkeit geworden.
Sehe ich das kleine Kind von damals, dass nur mit echten Dingen spielen konnte, so sehe ich jetzt ein Kind, das immer noch stundenlang spielen kann. Aber eben auch vieles andere. Und einen Menschen, der auf seine Erfolge und auf sein Können jetzt schon stolz ist und auch Grund dazu hat.


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