Mittlerweile kenne ich immer mehr Kinder und Erwachsene, die ihr Deschooling anscheinend ewig fortsetzen würden.
Mein heftigster "Fall" ist ein nun schon 20 jähriger Junge, der irgendwann anfing die Schule zu verweigern (ohne den Begriff Unschooling, Deschooling, etc. aber). Er las einen Schundroman nach dem anderen und las und las. Und spielte Computer und spielte Computer. Irgendwann hatte er dann alle Drachenreiter 30 Mal durch und schrieb immer noch kein Wort und beim Computerspielen war er sogar in den Top 0,5 % von irgendeinem Online-Spiel und verkaufte "Leveling-Ups". Das ganze hatte ein Problem, Leveling-Ups machten nicht reich. Sie blieben immer im Taschengeldbereich eines 14-jährigen. Und auf der anderen Seite dauert es ewig und vereinsamt immer mehr.
Auch Romane lesen führt auf Dauer anscheinend zu nichts. Siehe das Interview mit John Taylor Gatto, das ich auf dieser Seite analysiere.
Ein anderer Fall ist ein ca. 13-jähriges Mädchen aus Frankreich, deren Mutter ich auf der letzten Celebrate Unschooling kennen lernen durfte. Sie war schon ewig aus der Schule und nichts lief, außer die üblichen "Deschooling"-Sachen. Die Mutter war sehr engagiert im franz. Unschooling und ief, ging auf viele dieser Treffen und war sehr belesen - auch von dem was sie erzählte war klar, dass sie den Unschooling und Deschooling Gedanken gut verstanden hatte. Jedoch zeigte die Tochter nach *Jahren* keinerlei Anstalten den Weg des Deschooling zu verlassen und die Mutter war mittlerweile verzweifelt.
Ein anderes Beispiel ist aus einer Radioshow (auf Youtube unter "The dangers of Unschooling" zu finden), in dem eine Tochter mit ca. 10 Jahren aus der Schule befreit wird. Nach knapp 3 oder 4 Jahren des Deschooling ist der Vater verzweifelt. Aber auch die Tochter. Ihre Interessen, ihr Kontakt zu Freunden haben sich drastisch verringert und sind auf Null zurückgegangen.
Eine andere Mutter, die sich sehr mit dem Thema Unschooling beschäftigt hat auch ihre ältere Tochter aus der Schule freigelassen. Erst eine freie Schule, die war aber dennoch immer noch zu restriktive und dann die echte Freiheit. Sie sagte (fast) wörtlich: "Ich halte Deschooling für einen destruktiven Prozess - es zerstört die wenigen Sachen, die noch da sind und setzt an ihre Stelle nichts. Wenn sie das Gefühl haben nichts zu können, was soll denn dann auch kommen."
Und zuletzt kenne ich noch meine Tochter, sie war noch nie in der Schule! Und dennoch: Spielen und Süßigkeiten sind ihre Leidenschaften. Ich wünschte es wäre anders, ich wünschte sie würde von alleine durch die Decke starten, ich wünschte ich würde in allen Kindern dieses "irgendwann geht es los" entdecken. Aber ich sehe, dass -ohne Anleitung- Menschen zurück zum "Median" fallen. Meiner Meinung nach sind das mittelalterliche handwerkliche Fähigkeiten. Natürlich ist das irgendwie cool, wenn die Kinder dann Nähen, Stricken, Instrumente bauen (so wie André Stern) oder schmieden (so wie Devin Martin). Und dazwischen spielen sie Playstation 3 und wir alle hoffen, dass es cool und hip bleibt selbst-fabrizierte Produkte in einem Etsy-Shop zu verkaufen.
Auf der anderen Seite sehe ich, dass eine halbe Stunde am Tag Skill-Training so viel bringt und so viele neue Interessen und Neugier sich daraus entwickeln können. Es hilft den Menschen die Welt außerhalb der Schule zu entdecken.
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