Wie ich diesen Schulanfang nach all den Jahren noch spüre, wenn das Wetter so herbstlich wird. Dieses Aufwachen mit einem tiefen Gefühl der Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit, die das Ende der Sommerferien markiert. Nächstes Jahr bin ich wieder im Ausland um diese Zeit. Im Süden. Definitiv. Der Duft und Anblick von Pinien und Meer ertränkt alle Dunkelheit und alles Grau.Woran merkt man als Unschooler, dass der Sommer vorbei ist? Eigentlich nur am Wetter... und dann ist heute auch noch der letzte Tag an dem das Freibad geöffnet ist. Letztes Jahr um diese Zeit war ich gerade ein paar Tage in Venedig und es standen uns noch herrliche zwei Wochen bevor. Als wir dann zurückkamen war es herrliches Wetter. Die Luft war aber schon kalt und die roten Blätter der Bäume verrieten was bald kommen würde.
Wenn ich mich frage, was mir Unschooling bedeutet und ein schulfreies Leben, dann fühle ich wie tief es geht: So viel! Alles! Jeden Tag wachsen dürfen, so wie ich es will. So wie es *mein* Leben verlangt. Kein anderer. Es gibt keine Katastrophe mehr - es gibt nur noch Richtungen der Entwicklungen.
Dieses Jahr habe ich mit Singen angefangen und es ist als schließt sich dadurch eine so starke Lücke in meiner Persönlichkeit. Ich war immer nur akademischer Verstand oder stilles Gefühl. Singen hat mir Ausdruck verliehen - auch wenn ich Singen selber noch nicht kann.
Gerade ging ich durch die Wohnung... Nami lag auf der Couch und las "Der kleine Prinz" - die Comicreihe. Nach dem ganzen Training wegen ihrer Dyslexie haben wir ja dann bei 46 Wörter pro Minute eine Pause gemacht. Kein Training mehr. Eine lange Sommerpause. Generell fangen wir die Sommerpausen ja so um März herum an.
Und dann fragte mich Nami, was denn sei, als ich stehenblieb und ihr einfach beim Lesen zusah... was sei? Freude... Tränen in den Augen... Innerer Frieden... Ich nickte nur und machte: Mmmm...
Dann sah sie nach einer Minute wieder auf und begann über die Finsterlinge (sie repräsentieren Angst in dem kleinen Prinzen) zu erzählen, die gegen den kleinen Prinzen kämpfen. Sie dachte die wären kleiner. Von seinen Ängsten denkt man wohl immer sie seien kleiner... bis man anfängt sich ihnen zu stellen und gegen sie zu kämpfen.
Eine andere Entwicklung ist, dass Nami nun mittlerweile die Untertitel von One Piece mitliest. Und das ist wohl ein super Training für ihr Lesen.
Danach ging ich in die Küche. Chopper saß am Tisch und frühstückte und las. Er liest praktisch immer beim Frühstück. "Herr der Fliegen" ist es gerade. Ein Buch, das bestimmt kein Kind in der 5.ten Klasse liest. Eine Freundin sagte mal, dass ich Chopper für die Ivy League trainiere... und das stimmt wohl auch irgendwo. Aber ich bin überzeugt dieses Recht auf die Erreichung seines ganzen Potentials hat jeder Mensch. Warum sollen Menschen nur kleine Flügel bekommen, wenn sie große Schwingen wachsen können? Welche die im Licht schillern, wenn sie auf die Sonne zufliegen?
Nami hat jetzt auch ein Ziel: Ihr Ziel ist es, dass Blaumeisen aus ihren Händen picken. Was für ein schönes Ziel :) Sie fährt jeden Sonntag früh zu dem Kleintierzuchtverein und füttert dort bei einem Züchter die Hühner. Und mittlerweile hat der Züchter auch Albino-Kaninchen für sie gekauft. Und sie fängt auch an die Hühner der Nachbarn zu füttern. Sie gibt toten Tieren ein Begräbnis und spürt alle Vogelnester auf.
Die beiden großen Kinder lernen nun Sprachen. Chopper lernt Französisch... da ist er ja auch schon ziemlich weit. Hat nun Latein dazugenommen und mittlerweile auch Italienisch. Gestern wollte er auch noch Bayerisch nehmen, aber ich riet ihm erst mal seinen Laser zu fokussieren, bevor er alles mache. Er hat ja noch genug Zeit. Er benutzt mittlerweile hin und wieder lateinische Wörter - und ja - ich muss mittlerweile nachfragen. Und er erklärt mir dann seine Theorien mit welchen Wörtern sie aus unserer Sprache zusammenhängen. "Ostendere" meinte er würde mit Osten zusammenhängen - er stellte sich wohl einen Imperator vor, der damals nach Osten *zeigte*. Aber Osten, so fanden wir dann heraus kommt aus dem Althochdeutschen. Über die Jahre wird sich so sein linguistisches Gespür entwickeln.
Nami lernt nun Spanisch. Am Computer. Ganz alleine. (ja wirklich, alle Kinder schicken mich raus, wenn sie lernen - nur Sanji *noch* nicht - sollte mir das irgendwas sagen?). Sie macht das wirklich gut.
Diese Woche beginnen wieder die Kurse. Und am 20.ten ist dann schon Choppers Tanzaufführung.
Letzte Mama-Woche hat Chopper die ganze Woche seine eigenen Spiele programmiert.
Meine Haushaltsfähigkeiten werden immer besser. Ich war eine Zeit lang ratlos, da ich nicht wußte, wie ich die Kinder einbinden kann. So dass es ihnen Freude macht. Ganz freiwillig hat nicht funktioniert. Das Leben ist einfach viel viel spannender als Haushalt. Nun haben wir die Vereinbarung, dass sie ein Zimmer aufräumen (oder einen Teil von einem Zimmer) und ich dann immer extra was koche. Kochen macht mir dann auch Freude, wenn ich merke, dass wir alle was tun und ich kann wirklich was Gutes kochen. Die Ordnung wird dadurch die Ordnung der Kinder - somit achten sie auch darauf und richten nicht einfach Chaos an, als ob es kein Morgen gäbe. Und die Küche nicht vor dem Kochen erst selbst komplett aufräumen zu müssen entspannt wirklich. Sehr. Und ich kann mich darauf konzentrieren meine Kochkünste zu verfeinern.
Unser Familienalltag hat sehr wenige Tiefs. Über die letzten Wochen wurde es wieder sehr sehr harmonisch. Und ein sehr starkes Zusammensein. Die Kinder lernen immer mehr aufeinander einzugehen.
Tagsüber sehe ich die Großen nur immer mal wieder. In den Ferien haben ja die anderen Kinder Freigang und Freundschaften können geschlossen werden und den ganzen Tag kann gespielt werden. Ich komme rein und auf einmal liegt da wieder die Freundin von Nami im Wohnzimmer und streichelt den Hund... ich kratze mich am Kopf.
Nami hat auch ihre Kleptomanie mittlerweile sehr gut überwunden. Ich kann überall Geld rumliegen lassen (eine Schwäche von mir). Und nichts mehr verschwindet. Nein, mehr noch. Nami bastelt kleine Sparbüchsen und räumt das Geld dann zusammen.
So schön <3 Danke für den Text.
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